Die Geschichte des Fauerbacherhofes

Ehem. Vogtei der Waise von Fauerbach (Quelle : Landesamt für Denkmalpflege Hessen)

Vierseitig umbautes Gehöft; das zweigeschossige, längs der Kirchgasse in Bruchstein errichtete Herrenhaus stammt von 1698 (inschriftliche Datierung des auf der Hofseite gelegenen Portals), im 19. Jahrhundert wurde es verändert. Die Scheune auf der zum benachbarten Kirchhof gerichteten Nordseite des Hofes von 1801. Die übrigen Gebäude des Hofes sind Bestandteil der Fauerbacher Gesamtanlage. Mit dem Herrenhaus und der Scheune von 1801 als Kulturdenkmal hervorzuheben ist ein 1707 inschriftlich datierter Ziehbrunnen vor der Südseite des Hofes. Der Brunnen trägt das Wappen derer von Bünau. Der Stammsitz der Waise von Fauerbach, die in Fauerbach Vogteirechte hatten, zu den ältesten Friedberger Burgmannengeschlechter gehörten und auch mit der Burg Dorheim belehnt waren, kam über Erbgang an die von Bünaus (vgl. auch deren Loge in der evangelischen Pfarrkirche, Hauptstraße 9). Unter deren Ägide entstanden um 1700 mit dem Herrenhaus und dem angesprochenen Ziehbrunnen die wertvollsten Bauteile des Hofgutes. Es kam zu späterer Zeit in die Hand der Grafen von Solms, die seit dem 15. Jahrhundert die Grundherrschaft in Fauerbach ausübten. 

 

Wilhelm Hans Braun schrieb 1956 in einem Sonderdruck mit dem Titel "Vom alten Fauerbach - Die Geschichte des heutigen Stadtteils Friedberg-Fauerbach" :

"Das Schloß"

Der Gutshof war seit den Tagen der Waisen Sitz der Vogteiinhaber und Träger des solmsischen Dorflehens, gehörte aber zu keinem der beiden Lehen, sondern war mit Zubehör und etwa 7-8 Huben Land als freiadliges Erbeigentum bei der Reichsritterschaft immatrikuliert. Wir dürfen annehmen, daß die Hauptgebäude von der Familie von Bünau errichtet oder erneuert worden sind, Die Jahreszahl 1698 an dem Sandsteinportal deutet darauf hin. Seitdem erscheint für den Neubau die Bezeichnung "Schloß". Auch ein aus dem Jahr 1707 stammender Ziehbrunnen mit runder Sandsteinfassung im Garten wurde von diesem Geschlecht angelegt. Schwere Einbuße erlitt der Gutsbesitz durch die "Generalin" Rau, die nach 1736 vieles veräußerte, schließlich von Fauerbach wegzog und dem Hof seinem Schicksal überließ. Ein bereits beurkundeter Verkauf an Solms, 1750, konnte nicht wirksam werden. Als ihr Schwiegersohn, Herr von Nolting, gegen Ende des Siebenjährigen Krieges den Schaden besah, mußte er feststellen, dass sich alles im übelsten Zustand befand. Nach dem Abzug der Franzosen, die das Schloß als Lazarett eingerichtet hatten, waren Tore, Türe, Fenster, Schlösser, Krippen und Geräte entwendet worden, und es bedurfte großer Anstrengung, die Wirtschaft wieder in die Höhe zu bringen. Wie das Vogtei-Lehen ging auch der allodiale Gutshof in den 80er Jahren des 18.Jahrhunderts durch Kauf in das Eigentum von Solms-Rödelheim über. Als Pächter begegneten uns 1781 Johannes Michel aus Bruchenbrücken. Der Grabstein seiner drei Kinder steht an der Kirche. 1793 zahlte der Postmeister Hellmold zu Friedberg für das Schloß 164 Gulden Pacht. Die späteren Pächter waren : Christoph Rauch aus Oberdorffelden 1800-1809; Jakob Wendel aus Stockheim 1818 bis 1820; dann sein Schwiegersohn Philipp Schultheiß aus Steinfurth; 1845 pachteten Martin Philippi, Balthasar Sang und Johann Neisel aus Fauerbach den Hof, traten aber noch im gleichen Jahr die Pachtung an Heinrich Leonhardt aus Steinfurthab (bis 1857); von 1857-83 Rudolf Hill und sein Sohn Otto Hill; 1883-96 Otto von Helmolt aus Friedberg, 1896-1906 seine Witwe Bertha, geb. Geyger; 1906-11 ihr Sohn Alfred von Helmolt, 1911-53 sein Bruder Rudolf von Helmolt (jetzt in Vilshofen, Nd. Bayern). - Von allen bäuerlichen Betrieben in Friedberg hat dieses Gut durch seine Lage am Güterbahnhof die schwersten Kriegsschäden erlitten. Gutshaus und Wirtschaftsgebäude waren zerstört oder nicht mehr bewohnbar, und an eine Bewirtschaftung war 1945 nicht zu denken. Das gerettete Inventar wurde deshalb nach Dorheim gebracht, von wo aus man das Feld bestellte. Später wurden einige Behelfsheime errichtet, und in mühevoller Arbeit konnten die schwersten Schäden beseitigt werden. - Seit Jahrzehnten war der Gesamtbestand des Gutes erheblich geschrumpft. 1911/12 verkaufte die gräfliche Rentkammer 13,75 ha an den Staat für den Bahnbau, 1924 14,32 ha für Siedlungen, 1929 14,45 ha an die Stadt als Industriegeländem, 1938 1,75 ha an den Staat für das Verpflegungsamt, 1946 4,16 ha und 1947 5,30 ha an die Stadt für Kleingärten. Am 1.1.1948 ging der Hof mit dem gesamten verbliebenen Ackerland (74,50 ha) in den Besitz der Nassauischen Siedlungsgesellschaft in Frankfurt über. Von dieser Fläche wurden 1948 10,41 ha, 1949 17,75 ha und 1950 5,11 ha aufgeteilt, so daß vom Hof aus seit 1950 nur noch 41,25 ha bewirtschaftet wurden. Am 1.10.1953 übernahm Justus Klingmann aus Schönau bei Heidelberg das Gut als Siedlung. Es soll später in sein Eigentum übergehen.